Ein aufgeschlagenes botanisches Buch liegt auf einem Holztisch. Auf den Seiten ist eine detaillierte Pflanzenzeichnung mit Wurzeln, Blättern und Stängeln zu sehen, begleitet von Textfragmenten wie "Beinhöltzlin." und "CCLXX.". Ein echter Zweig mit grünen Blättern und dunklen Beeren liegt quer über das Buch, während einige Beeren locker daneben verstreut sind. Daneben liegt eine kleine Sichel aus Bronze und ein Horn mit Mohnkapsel.
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Pflanzen-Notiz: Blutroter Hartriegel (Cornus sanguinea)

Derzeit beschäftige ich mich viel mit dem Blutroten Hartriegel (Cornus sanguinea). Seit ich ihn in meinem neuen Garten gesehen habe und einige seiner Früchte ernten durfte, stecke ich in einem kleinen Hyperfokus, wälze Bücher, schaue mir die digitalen Archive der Landesbibliotheken und Bücher aus dem Antiquariat an.

Da kam mir die Idee eine neue Kategorie im Blog einzuführen, die ein bisschen schneller funktioniert als die ansonsten sehr ausführlichen Artikel. Die Pflanzen-Notiz!

Nutzung und Brauchtum des Hartriegels

Ich lerne viel über seine positiven Auswirkungen auf das Ökosystem, wie viele Vögel und Insekten ihn gerne mögen und, dass er stark verbreitet ist. Über seine Nutzung, abseits vom harten Holz (ähnlich der Kornelkirsche, die auch gelber Hartriegel (Cornus mas) genannt wird), finde ich kaum etwas. Besonders Brauchtum und alte Nutzweisen, Mythen und Gedanken zum roten Hartriegel suche ich beinahe vergebens.

Deshalb schlage ich gerne die volkstümlichen Namen der Pflanzen nach, die ich recherchiere. Die geben oft Hinweise darüber, was die Menschen über die Pflanzen dachten und wie sie vielleicht mal eingesetzt wurden.

Alte Volksnamen des roten Hartriegels
Heckenbaum, Blutrute, Teufelsbeere, Totentraube, Wilde Dirntel, Hühnerholz, Rotholz, Beinhöltzlin, Erlitzbaum, Hundsbeere, Hartbaum, Dürlitzenstrauch, Ladstockholz, Iseholz, Haberspieß, Roter Hornstrauch, Schusterholz, Rotbeinholz, Schissbeere, Wundholz

Besonders die letzten beiden alten Volksnamen sagen viel über die damalige medizinische Verwendung aus. Als „Schissbeere“ bezeichnet, sollen die Früchte gegen Durchfall und Fieber helfen. Die blutrote Rinde (das „Wundholz“) soll bei blutenden Wunden eingesetzt worden sein. Die enthaltenen Gerbstoffe wirken zusammenziehend.

Leonhart Fuchs schreibt in seinem New Kreutterbuch von 1543 über das Beinhöltzlin:

„Der safft vom Beinhöltzlin ist nützlich den nerven / gleychen / unnd zu dem frost. Gedachter safft heylet fürnemlich die geschwär des munds / unnd der gemechten. Gleiche krafft haben auch die bletter inn wein gesotten / und gekewet. Die beer sollen die leüß vertreiben. Sie heylen den zipff der hennen und hüner. Die bletter zerstossen und übergelegt / heylen den brandt.“

Leonhart Fuchs (1543)
Nahaufnahme eines grünen Pflanzenzweigs mit breiten, stark geäderten Blättern und kleinen, runden, schwarzen Beeren. Die Beeren hängen an rötlichen Stielen und sind über das dichte Laub verteilt. Sonnenlicht fällt auf die Pflanze und hebt die natürlichen Farben und Strukturen hervor. Es handelt sich um roten Hartriegel.

Rudi Beiser erwähnt in seinem Buch Geheimnisse der Hecken ein paar wenige Überlieferungen zum Brauchtum des roten Hartriegels. Es war lange üblich die Tiere mit Ruten aus verschiedenen Hölzern „fruchtbar zu schlagen“. Nur der Hartriegel solle dafür ungeeignet gewesen sein.

Eine andere Überlieferung aus Slowenien beschreibt einen Wanderstock aus Hartriegel als Unglücksbringer. Man würde auf seiner Reise von Geistern heimgesucht werden. Ein Wanderstock aus der Kornelkirsche solle hingegen Schutz bringen.

Der berühmte deutsche Arzt Tabernaemontanus sagte über den Hartriegel:

„Der Baum hat keinen Nutzen in der Arznei / das Holz zu Radspeichen und anderen Sachen gebraucht / die Beeren sind gar unfreundlich zu genießen / eine Speis der Vögel.“

Tabernaemontanus (1522 – 1590)

Räuchern mit Hartriegel

Ob die Früchte des roten Hartriegels zum Räuchern eingesetzt wurden, konnte ich auch nicht heraus finden. Jedenfalls ist es keine klassische Räucherpflanze. Ich war zu neugierig und habe vorhin einige der getrockneten und leicht zerstoßenen Früchte in mein Glas-Stövchen getan, weil da die Aromen so gut zur Geltung kommen und nicht alles einfach nur verbrennt.

Der Hartriegel duftet dezent. Hinten im Rachen ein kleines bisschen bitter. Aber im Kern rieche ich vor Allem sowas wie heiße Maronen vom Weihnachtsmarkt. Und das finde ich eigentlich sehr angenehm. In Kombination mit anderen Pflanzen, kann ich mir das als Räucherung in Zukunft zu besonderen Anlässen sehr gut vorstellen.

Den Gedanken im nächsten Mai die Blüten des Hartriegels zu räuchern, habe ich verworfen. Sie riechen stark fischig. Die Insekten mögen das besonders gern.

Eine tätowierte Hand hält einen Zweig mit grünen Blättern und kleinen dunklen Beeren (den Hartriegel) vor einem hellen, neutralen Hintergrund.

Giftigkeit des Hartriegels

Im kommenden Jahr werde ich die Früchte – mit anderem Obst gemischt – zu Marmelade verarbeiten. Roh schmecken sie bitter. Aber giftig sind sie nicht. Tatsächlich sind sie reich an Vitamin C!

Nur die Berührung der Hartriegel-Blätter können Reizerscheinungen bei empfindlichen Personen auslösen. Dies wird den Calciumcarbonat inkrustierten Haaren zugeschrieben. Die Härchen befinden sich auch auf der Fruchtwand-Epidermis. Vergiftungsfälle mit rotem Hartriegel sind nicht bekannt.

Spannend finde ich, dass er dem Holunder in seinem Erscheinungsbild ein bisschen ähnelt und die Farben der Frau Holle an sich trägt. Die im Herbst und Winter gefärbten blutroten Stiele (die bei mir jetzt schon rot sind), die weißen Blüten und die schwarzen Früchte. Eine Verbindung zur Holle lässt sich jedoch aus alten Büchern oder Überlieferungen nicht herleiten.

Toll, dass er sich in meinem Garten wohl fühlt. Ich freue mich schon auf die Ernte im kommenden Jahr.

Wichtige Hinweise zu Heil- und Kräuteranwendungen, medizinische Anwendungen:
Bitte setze dich mit den hier genannten Pflanzen & Anleitungen genau auseinander. Die Anwendung erfolgt stets auf eigene Verantwortung. Mit meinen Angeboten auf Hollenkraut sind weder Heilversprechen verbunden, noch ersetzen sie eine ärztliche Diagnose oder eine ärztlich-angeordnete Therapie. Mehr dazu

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