Erstmal gleich vorne weg: Ich bin keine Akademikerin, Wissenschaftlerin oder Ärztin. Ich bin nur eine Autistin mit den Spezialinteressen Holle-Mythen und Phytotherapie, die zwar naturspirituell ist und sich selbst Hexe nennt, aber insgesamt ziemlich rational und skeptisch ist.
Ich habe oft das Gefühl, dass alle Themen mit denen ich mich in meinem Leben bereits beschäftigt habe oder die gar ein großer Lebensinhalt von mir sind, von wissenschaftsfernen teilweise gefährlichen Strukturen durchwandert sind. Der Veganismus, das Hexentum, die Öko- & Nachhaltigkeitsszene und letztlich auch die Naturheilkunde.
Mir ist es deshalb ein riesiges Bedürfnis mich an dieser Stelle von brauner Esoterik, Schwurbelkram, Impfgegnerschaft usw. ausdrücklich zu distanzieren.
Was ist Phytotherapie
Phytotherapie ist Pflanzenheilkunde. Rationale Phytotherapie ist ein Teil der evidenzbasierten Medizin. Es werden sogenannte Phytopharmaka oder Phytotherapeutika, also pflanzliche Arzneimittel, genutzt. Diese werden aus verschiedenen Pflanzenteilen wie Blätter, Wurzeln, Blüten und Früchten hergestellt.
Leider wird die Pflanzenheilkunde viel zu oft in einen Topf mit Homöopathie (Globuli), Anthroposophische Medizin, Bach-Blütentherapie und Co geworfen oder gar gleich gesetzt. Dabei handelt es sich bei den eben genannten Behandlungsverfahren um sogenannte Pseudomedizin. Keineswegs um echte Naturheilkunde.
Weshalb die Etablierung wissenschaftsferner „Heilmethoden“ so gefährlich sein kann und wie die aktuelle gesetzliche Situation in Deutschland ist, kann zum Beispiel auf der Webseite der Globukalypse nachgelesen werden.
Altes Wissen
Rationale Phytopharmaka, also evidenzbasierte pflanzliche Arznei, sind auf ihre Wirksamkeit und Unbedenklichkeit in kontrollierten klinischen Studien wissenschaftlich überprüft. Die selbstgemachte Tinktur aus Tante Helgas Garten-Pflanzen natürlich nicht. Trotzdem lädt die Kräuterheilkunde sehr zum Selbermachen ein. Sie wird oft als altes Wissen aus Großmutters Zeiten vermarktet und findet ihre Wege regelmäßig in sogenannte Frauen-Zeitschriften.
Zwar gibt es jede Menge traditionell als Heilmittel genutzte Pflanzen, jedoch wissenschaftlich geprüft sind nur wenige. Die Kommission E, die selbstständige wissenschaftliche Sachverständigenkommission für pflanzliche Arzneimittel des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, stellte für gerade mal 186 Pflanzen eine sogenannte Positiv-Monographie aus.
Wenn ich in meinem Heilpflanzen-Lexikon also über die Wirkung der Pflanzen schreibe, beziehe ich mich stets auf die Ergebnisse der Kommission E und erwähne, wie eine Pflanze früher oder traditionell genutzt wurde.
Dennoch können wir sehr viel aus alten Büchern und Überlieferungen der Kräuterkunde lernen. Manchmal haben sich Anwendungsbereiche von Kräutern bis heute gehalten und sind mittlerweile wissenschaftlich fundiert. Nicht zu vergessen, dass unsere heutige Medizin und viele konventionelle Medikamente aus ihr entstanden sind (bekanntes Beispiel: Aspirin).
Manchmal taucht man aber auch einfach in eine alte, interessante und spannende Welt ein und erfährt wie Menschen früher lebten, dachten und heilten. Aus meiner Sicht ist dieses „alte Wissen“ ein absoluter Schatz den es zu bewahren und unter heutigen Maßstäben einzuordnen gilt. Wer weiß was da noch schlummert, was wir irgendwann mal gebrauchen könnten.
Wirkung und Nebenwirkung
Anders als beispielsweise Homöopathie steckt in der Phytotherapie ganz viel Wirkpotential, denn Pflanzen besitzen tatsächlich Wirkstoffe und nicht nur ein „Gedächtnis“ in Zucker. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass es zu Nebenwirkungen und Wechselwirkungen kommen kann, wie bei allen Arzneimitteln.
Bei einer Arzneipflanze handelt es sich immer um ein Vielstoffgemisch, denn eine Pflanze besteht – wie der Begriff schon aussagt – aus vielen verschiedenen Stoffen und Verbindungen. Diese reagieren auch alle in irgendeiner Form mit unserem Organismus, wenn wir diese Pflanzen einnehmen. Die Wirksamkeit ist also komplex. Und nicht nur das. Wie in meinem Artikel „Tipps und Regeln zum Sammeln von Kräutern“ beschrieben, unterscheidet sich die Zusammensetzung jeder Pflanze. Denn diese ist abhängig von Standort, Zeitpunkt, Lagerung und so weiter.
Für mich stellen sich bei der Anwendung von Heilpflanzen folgende Fragen:
- Was für eine Krankheit möchte ich behandeln?
- einfache oder chronische Beschwerden sollten das hauptsächliche Einsatzgebiet von Heilpflanzen sein; dazu zählen zum Beispiel harmlose Erkältungskrankheiten, leichte Magen-Darm-Beschwerden, Begleittherapie bei chronischen Erkrankungen usw.
- schwerwiegende oder neu auftretende Erkrankungen sollten immer ärztlich behandelt werden
- mit Phytotherapeutika lassen sich weder Multiple Sklerose, noch Krebs oder Corona heilen; allenfalls können sie begleitend zur Linderung mancher Symptome eingesetzt werden
- Möchte ich ein Fertigpräparat einsetzen oder die Kräutermedizin selbst herstellen? Weiß ich was ich tue?
- in der Apotheke gibt es fertige pflanzliche Arzneimittel, aber auch lose Drogen zu kaufen, hier ist der Anbau der Drogen kontrollierter als Zuhause im Garten oder in der Natur
- das Herstellen eigener Kräutermedizin bedarf guter Hygiene, Wissen und Auseinandersetzung
- es sollte nur selbstgemachte Kräutermedizin eingenommen werden, wenn die Pflanzen wirklich sicher bestimmt wurden und die Pflanzen gut bekannt sind
- Kommt ein konventionelles Arzneimittel in Frage das eine schnellere, bessere und sicherere Wirkung erzielen würde?
- Gibt es Allergien?
- gerade Korbblütler (Asteraceae) wie z.B. Kamille, Beifuß oder Goldrute können Allergien auslösen
- Welche Nebenwirkungen sind möglich?
- Können Wechselwirkungen auftreten?
- Beratung durch Ärzt*innen oder Apotheker*innen sinnvoll
- wenn bereits andere Medikamente eingenommen werden, muss sicher gestellt sein, dass sie nicht in ungewünschter Weise mit dem Phytotherapeutikum agieren
- auch Gegenanzeigen sind möglich, wenn zum Beispiel eine Krankheit besteht, die durch die Einnahme einer bestimmten Pflanze verschlechtert werden könnte; oder wenn eine Schwangerschaft vorliegt
Was Pflanzenheilkunde (für mich) bedeutet
Sind die Grenzen und Wirkweisen der Phytotherapie bekannt, kann sie uns unterstützen und unser Leben auf vielfältige Weise bereichern. Die Kräuterkunde schenkt uns ein Stück Selbstermächtigung in Gesundheitsthemen. Sie befähigt uns zur Selbstheilung. Und wenn wir es zulassen lässt sie uns, uns noch tiefer mit der Natur auseinandersetzen und wir lernen sie im besten Fall zu schützen und zu ehren.
Ein Tee aus Wildkräutern, die wir vorher genau studiert und behutsam der Natur entnommen und im eigenen Zuhause getrocknet haben, hüllt uns beim Trinken ein wie eine warme Decke aus Zuwendung, Wohlwollen, Trost und Geborgenheit. (…) Bin überrascht wie pathetisch dieser Satz niedergeschrieben klingt, jetzt wo er aus meinem Kopf gefallen ist. Aber genau das empfinde ich, wenn ich mir meine eigene Kräutermedizin herstelle und sie in voller Zuwendung und Wertschätzung bei mir oder meinen Menschen anwende. Da ist Liebe.
♡ Gefällt dir Hollenkraut? ♡ Ich würde mich freuen, wenn du meine Arbeit unterstützen möchtest. Zum Beispiel über eine Spende bei Paypal oder einem symbolischen Kaffee bei Ko-Fi. Vielleicht gefällt dir aber auch etwas aus meinem Online Shop. Vielen Dank von Herzen!